Uganda: Schimpansen behandeln Wunden anderer mit Medizin

Schimpansen im Budongo-Wald in Uganda behandeln nicht nur eigene Verletzungen, sondern helfen auch anderen – etwa indem sie deren Wunden lecken oder mit zerkautem Pflanzenbrei behandeln. Das berichtet ein Team um Elodie Freymann von der University of Oxford im Fachmagazin »Frontiers in Ecology and Evolution«. Diese Erkenntnisse legen nahe, dass solche sozialen Hilfeleistungen – auch unter nicht näher verwandten Tieren – im Stammbaum der Primaten weiter verbreitet sind als bisher angenommen: Sie sind demnach nicht auf die menschliche Homo-Linie beschränkt, sondern traten vermutlich bereits beim letzten gemeinsamen Vorfahren von Mensch und Schimpanse auf, der vor schätzungsweise rund sieben Millionen Jahren lebte.
Um zu erforschen, wie Schimpansen Heilpflanzen erkennen und nutzen und anderen Pflege angedeihen lassen, helfe es, die kognitiven und sozialen Grundlagen des menschlichen Gesundheitsverhaltens besser zu verstehen, erklärt Freymann in einer Pressemitteilung der Fachzeitung.
Die Forscher untersuchten zwei Schimpansengruppen im Budongo-Wald – Sonso und Waibira. Verletzungen holen sich die Tiere durch Kämpfe innerhalb der Gruppe oder mit anderen Tieren; immer wieder steckt allerdings der Mensch dahinter: Etwa 40 Prozent aller Individuen in der Sonso-Gemeinschaft hatten Verletzungen durch Schlingenfallen, mit denen Einheimische Jagd auf Huftiere machen. Gerät ein Tier in eine solche Falle, kann es Schnittwunden davontragen oder sich Körperteile abklemmen. Schimpansen versuchen die Drähte oder Nylonschlingen selbst zu entfernen; mitunter wurden Tiere jedoch dabei beobachtet, wie sie anderen Gruppenmitgliedern aus der Falle halfen.
Die Forscher dokumentierten in einem Untersuchungszeitraum von vier Monaten insgesamt 41 Versorgungsfälle: sieben, in denen sich Schimpansen gegenseitig halfen (prosoziale Pflege), sowie 34 Fälle von Eigenbehandlung. Wie viele andere Tiere auch lecken die Schimpansen häufig ihre Wunden oder die von Artgenossen, was Schmutz entfernt und möglicherweise sogar antimikrobiell wirksam ist. Gängig war es außerdem, die Wunden mit Blättern abzutupfen. In einigen Fällen brachten die Tiere sogar einen Brei aus zerkauten Blättern auf die Wunde auf. Freymann und Team fanden Hinweise darauf, dass die Tiere dazu Pflanzen auswählten, die einen anerkannten medizinischen Nutzen haben. Allerdings bedürfe es noch eingehenderer chemischer Untersuchungen, um diesen Verdacht zu erhärten.
Insgesamt seien »medizinische« Behandlungen anderer Gruppenmitglieder nur selten zu beobachten, entsprechend vorsichtig sei man bei der Interpretation, erklären die Wissenschaftler. Die bisher gesammelten Daten würden es beispielsweise nicht erlauben, Muster zu erkennen, wer in der Gemeinschaft wem helfe.
Hygieneverhalten ist bei den Schimpansen Ugandas nicht nur auf Wunden beschränkt: Wie schon andernorts beobachtet, nutzen die Tiere manchmal auch Blätter, um sich nach dem Stuhlgang den Hintern abzuwischen oder sich nach dem Paarungsakt die Genitalien zu reinigen. Beides könnte die Gefahr von Infektionen verringern, überlegen die Wissenschaftler. Vielleicht wissen die Tiere aber auch einfach ein gewisses Gefühl der Sauberkeit zu schätzen.
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