Direkt zum Inhalt

Lecanemab: Wie das neue Alzheimermedikament wirkt und wem es hilft

Die EU-Kommission hat die lange erwartete Alzheimertherapie mit Lecanemab zugelassen. Der Wirkstoff bekämpft gezielt Amyloid-Ablagerungen im Gehirn. Für wen eignet sich das Mittel?
Illustration eines menschlichen Gehirns
Bisher gibt es keine Medikamente, die Demenzen stoppen. Lecanemab kann bei einem Teil der Alzheimerbetroffenen aber zumindest den Verlauf verlangsamen.

In Deutschland leben rund 1,2 Millionen Menschen mit Alzheimer. Ein neues Medikament könnte einigen von ihnen helfen. Die EU-Kommission hat mit dem Wirkstoff Lecanemab erstmals eine Alzheimertherapie zugelassen, die nicht nur Symptome lindert, sondern gezielt Krankheitsprozesse im Gehirn bekämpft.

Noch bevor das Gedächtnis nachlässt, kommt es bei Alzheimerpatienten zu krankhaften Veränderungen in und um die Nervenzellen im Gehirn. Unlösliche Moleküle sammeln sich an, der Stoffwechsel verlangsamt sich in bestimmten Hirnregionen, Zellen sterben ab. Der Prozess beginnt nach heutigem Wissensstand im Schläfenlappen und breitet sich dann weiter im Hippocampus aus, einem zentralen Areal des Kurzzeitgedächtnisses. Schließlich entstehen Ablagerungen in der Amygdala, die am Verarbeiten von Gefühlen und dem emotionalen Gedächtnis beteiligt ist, sowie im Neokortex, einem weiteren wichtigen Vermittler des Langzeitgedächtnisses. Dabei lagern sich so genannte β-Amyloide zusammen mit weiteren Molekülen ab und es bilden sich die für Alzheimer charakteristischen Plaques.

Lecanemab zielt auf diese β-Amyloid-Ablagerungen im Gehirn ab: Der therapeutische Antikörper heftet sich daran und markiert sie so für den Abbau durch lokale Fresszellen, die Mikroglia. Lecanemab soll demnach den Krankheitsverlauf vor allem im frühen Stadium verlangsamen können. Laut Experten sind dies die ersten drei Jahre der symptomatischen Erkrankung; in Deutschland betrifft das schätzungsweise 250 000 Menschen. Das Medikament kann die Alzheimerdemenz jedoch weder heilen noch ihren Verlauf stoppen.

Bei Frauen ist der klinische Effekt zudem deutlich schwächer als bei Männern – und das Risiko für Nebenwirkungen höher. Da nicht alle Patientinnen und Patienten sämtliche Voraussetzungen für die Therapie erfüllen oder an ihr interessiert sind, kommt nur ein sehr kleiner Teil der Betroffenen für die neue Therapie in Frage: rund 20 000 Personen.

Die Wirksamkeit von Lecanemab wurde anhand der Veränderung kognitiver und funktioneller Symptome nach 18 Monaten gemessen, basierend auf einer Demenzbewertungsskala von 0 bis 18. Höhere Punktzahlen zeigen eine stärkere Beeinträchtigung an. Mit Lecanemab behandelte Patienten zeigten einen etwas geringeren Wert als unbehandelte Personen: 1,22 gegenüber 1,75. Das deutet auf einen langsameren kognitiven Abbau hin.

Der Antikörper wird alle zwei Wochen durch eine intravenöse Infusion unter Aufsicht verabreicht. Experten erwarten, dass es noch einige Monate dauert, bis das Mittel wirklich eingesetzt werden kann, da die Ärztinnen und Ärzte erst damit geschult werden müssen. Die Kosten für Lecanemab in Europa sind noch unklar, in den USA betragen sie etwa 26 500 US-Dollar jährlich (zirka 23 000 Euro). (dpa/doe)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.