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Licht statt Elektronen: KI-Forscher erzielen Durchbruch bei photonischem Chip

Das Team hat es erstmals geschafft, nichtlineare Funktionen optisch darzustellen. Es griff dazu auf ein spezielles Halbleitermaterial zurück. Das könnte das Training von KI-Systemen drastisch beschleunigen und den Energiebedarf reduzieren.
Ein leuchtender, abstrakter Schaltkreis auf schwarzem Hintergrund. Bunte Linien in Rot, Blau, Grün und Lila strahlen von einem zentralen, rechteckigen Chip aus, der rechts im Bild platziert ist. Diese Linien symbolisieren Datenströme und Konnektivität, die die digitale Kommunikation und Technologie darstellen.
Während die gesamte heutige Computertechnik auf elektrische Signale zur Durchführung von Berechnungen angewiesen ist, ist der neue Chip photonisch, das heißt, er nutzt Lichtteilchen statt Elektronen.

Wissenschaftlern der University of Pennsylvania ist es erstmals gelungen, einen photonischen Chip zu bauen, der komplexe Aufgaben durchführen kann. Während zahlreiche Forschungsteams weltweit in der Vergangenheit bereits lichtbetriebene Chips entwickelt haben, die lineare mathematische Operationen verarbeiten können, hatte noch niemand die Herausforderung erfolgreich angenommen, nichtlineare Funktionen optisch darzustellen, die unter anderem für KI-Anwendungen nötig sind. Bis jetzt. Der in »Nature Photonics« beschriebene Chip könnte künftig das Training von maschinell lernenden Systemen drastisch beschleunigen, den Energiebedarf senken und sogar den Weg für vollständig lichtbetriebene Computer ebnen.

Viele KI-Systeme basieren heute auf neuronalen Netzen (siehe »Künstliches neuronales Netz«), also auf Algorithmen, die biologisches Nervengewebe nachahmen sollen. So wie Nervenzellen miteinander verbunden sind, um biologischen Lebewesen das Denken zu ermöglichen, verbinden neuronale Netze Schichten einfacher Einheiten oder »Knoten« miteinander und ermöglichen es der KI, komplexe Aufgaben auszuführen. Sowohl in künstlichen als auch in biologischen Systemen »feuern« diese Knoten nur, wenn ein bestimmter Schwellenwert erreicht wird – ein nichtlinearer Prozess, der es ermöglicht, dass selbst kleine Änderungen der Eingabe zu größeren, komplexeren Änderungen der Ausgabe führen.

Während die gesamte heutige Computertechnik auf elektrische Signale zur Durchführung von Berechnungen angewiesen ist, ist der neue Chip photonisch, das heißt, er nutzt Lichtteilchen statt Elektronen. Er kann daher im Prinzip mit Lichtgeschwindigkeit arbeiten. An die Stelle von transistorbasierten Schaltkreisen und elektrischen Strömen treten spezielle Optiken und Licht als Speicher und Informationsträger. Die darin gespeicherten Informationen lassen sich gleichzeitig für verschiedene Berechnungen verwenden, was den Energiebedarf erheblich senkt.

Künstliches neuronales Netz | Schematische Darstellung eines künstlichen neuronalen Netzwerks, das aus zwei inneren neuronalen Schichten besteht. Jede neuronale Schicht wiederum besteht aus mehreren künstlichen Neuronen, die Werte aus vorausgehenden Neuronenschichten aufnehmen, gewichten und summieren.

Es ist verhältnismäßig einfach, lineare Funktionen mit Photonen zu codieren. Solche Funktionen zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie eine Kombination von Eingabedaten einzeln abarbeiten, anstatt sie kompliziert miteinander zu verrechnen. Für eine photonische Umsetzung müssen dabei nur Lichtstrahlen aufgespalten und kombiniert werden. Damit lassen sich jedoch keine nichtlinearen Schwelleneffekte simulieren, wie sie für feuernde Neuronen typisch sind; es findet kein wirkliches Lernen statt.

Das Forschungsteam um Liang Feng, Professor für Materialwissenschaft und Werkstofftechnik sowie für Elektro- und Systemtechnik, setzte diese nichtlinearen Effekte um, indem es auf Licht reagierende Halbleiter verwendete. Wenn ein »Signal«-Lichtstrahl, der die Eingabedaten trägt, das Material durchdringt, scheint ein zweiter »Pump«-Lichtstrahl von oben herein und passt die Reaktion des Materials an. Indem das Team die Form und Intensität des Pumpstrahls ändert, kann es steuern, wie das Signallicht absorbiert, übertragen oder verstärkt wird, je nach Intensität und Verhalten des Materials. Das Ergebnis ist ein konfigurierbares System, das je nach Pumpmuster eine breite Palette mathematischer Funktionen darstellen kann. Diese Flexibilität ermöglicht es dem Chip, in Echtzeit zu lernen und sein Verhalten durch Rückmeldungen aus seiner Ausgabe anzupassen. Damit könnte es schon bald erste lichtbetriebene KI-Netzwerke geben.

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  • Quellen
Nature Photonics 10.1038/s41566–025–01660-x, 2025

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