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Terrell-Penrose-Effekt: Verdrehung durch Relativitätstheorie erstmals abgebildet

Bisher konnte man eine relativistische Rotation nicht beobachten: Man muss dazu annähernd lichtschnelle Objekte fotografieren. Ein kurioser Trick hat das jetzt möglich gemacht.
Ein strahlenförmiges Muster aus leuchtend blauen Linien, die von einem zentralen Punkt auf einem schwarzen Hintergrund in alle Richtungen ausgehen. Die Linien variieren in Länge und Helligkeit, was den Eindruck von Bewegung oder Geschwindigkeit vermittelt, ähnlich einem Sternenfeld in einem Sciencefiction-Film.
Wenn man sich der Lichtgeschwindigkeit annähert, verhalten sich Zeit, Raum und Objekte ungewohnt.

Die meisten Vorhersagen der speziellen Relativitätstheorie, die Albert Einstein zu Beginn des 20. Jahrhunderts aufstellte, sind längst vielfach experimentell bestätigt. Doch ein seltsamer Effekt bei bewegten Objekten nahe der Lichtgeschwindigkeit konnte erst jetzt direkt nachgewiesen werden. Ein Team um Dominik Hornof vom Atominstitut der TU Wien hat erstmals den Terrell-Penrose-Effekt sichtbar gemacht, durch den schnell bewegte Objekte verdreht erscheinen. Wie die Arbeitsgruppe in der Fachzeitschrift »Communications Physics« berichtet, war allerdings ein Trick nötig, um ein hinreichend schnell bewegtes Objekt zu simulieren. Das gelang dank ultrakurzer Laserpulse und Fotografien mit Belichtungszeiten von wenigen hundert billionstel Sekunden. Das Team simulierte den Effekt an einem Würfel und einer Kugel, indem es die Laserblitze und die Bildaufnahmen extrem präzise abstimmte – und ein paar Möbel umherrückte.

Auf Grund der relativistischen Lorentz-Kontraktion ist ein Objekt, das sich mit annähernd Lichtgeschwindigkeit bewegt, gegenüber einem ruhenden Bezugssystem verkürzt. Überraschenderweise lässt sich der Effekt aber nicht fotografieren. Weil das Licht, das von etwas weiter entfernten Teilen des Objekts stammt, früher ausgesandt worden sein muss, um zum Foto beizutragen, erscheint das Objekt in Längsrichtung gedehnt – exakt so, dass es die Lorentz-Kontraktion ausgleicht. Die kleinen Unterschiede in den Wegstrecken jedoch führen dazu, dass nähere Teile sich noch weiterbewegen, während Photonen von weiter entfernten Stellen schon unterwegs sein müssen, damit das Licht beider Teile gleichzeitig in der Kamera ankommt. Dadurch erscheint das Objekt auf so einem relativistischen Schnappschuss gedreht.

Nun ist es aber derzeit technisch nicht möglich, einen größeren Gegenstand auf nahe Lichtgeschwindigkeit zu beschleunigen und dabei noch zu fotografieren. Um einen vergleichbaren Effekt zu erreichen, beleuchtete die Arbeitsgruppe die Objekte mit extrem kurzen Laserpulsen und machte jeweils Fotos in Zeitabständen, die den Lichtlaufzeiten von verschiedenen Punkten der Objekte zur Kamera entsprechen. Dadurch sieht die Kamera nur die Photonen von diesem Punkt. Um den Terrell-Penrose-Effekt zu simulieren, bewegten die Fachleute die Objekte für die Fotos näherer Teile ein Stück vorwärts. Diese Bewegung entspricht ebender Strecke, die sich das Objekt mit relativistischer Geschwindigkeit in der Zeit bewegt hätte, die Photonen vom näheren Punkt warten müssen, um gleichzeitig mit jenen von entfernteren Punkten in der Kamera einzutreffen. Auf diese Weise entstanden in der Tat gedrehte Bilder der Objekte.

Was beweist das nun? Das ganze Vorgehen klingt wenig relativistisch. Tatsächlich entsprechen die Aufnahmen allerdings exakt dem, was man auch bei relativistischen Objekten beobachten kann. Der Terrell-Penrose-Effekt entsteht allein durch die Differenzen zwischen verschiedenen Lichtlaufzeiten zur Kamera und der Bewegung des Objekts in diesen Zeitspannen. Deswegen kann man ihn auch mit händisch umhergeschobenen Gegenständen simulieren – sofern man hinreichend schnelle Laser und Kameras hat, um Licht von einzelnen Punkten des Objekts aufzufangen. Aus Platzgründen reduzierten die Fachleute ihre simulierte Lichtgeschwindigkeit jedoch auf rund zwei Meter pro Sekunde – sonst hätten sie das Objekt zu weit bewegen müssen.

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  • Quellen
Communications Physics 10.1038/s42005–025–02003–6, 2025

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