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Astrophysik: Der stärkste Knall seit dem Urknall?

Um das Ereignis zu beschreiben, haben Astronomen sogar eine neue Klasse kosmischer Megaexplosionen ausgerufen. Es stellt alle anderen Beobachtungen in den Schatten.
Ein leuchtend blauer Stern wird von einem Schwarzen Loch angezogen. Der Stern befindet sich links im Bild und strahlt hell, während das Schwarze Loch rechts eine orangefarbene Akkretionsscheibe hat, die Materie vom Stern anzieht. Der Hintergrund ist schwarz, was den Kontrast verstärkt.
Wenn ein Riesenstern auf ein extrem massereiches Schwarzes Loch trifft, werden gewaltige Energien freigesetzt (Illustration).

Eine Explosion, größer als alle anderen seit dem Urknall: So bezeichnen Astronomen um Jason Hinkle von der University of Hawaii ein kosmisches Ereignis, das unter anderem vom Astrometriesatelliten Gaia aufgezeichnet wurde und dessen Daten die Arbeitsgruppe ausgewertet hat. Das Ereignis hatte solche Dimensionen, dass Hinkle und Co sogar eine völlig neue Klasse kosmischer Megaexplosionen ausriefen. Die als »Extreme Nuclear Transients« (ENTs) bezeichneten Vorgänge setzen demnach tausendfach mehr Energie frei als normale Supernovae und dauern mehrere Monate an, wie sie in »Science Advances« berichten. Als Auslöser vermuten sie, dass ein riesiger Stern von einem besonders großen, extrem massereichen Schwarzen Loch zerrissen wurde.

Für ihre Studie hatte das Team um Hinkle drei Ereignisse analysiert – darunter »AT2021lw«, das im April 2021 aufgezeichnet und wegen seiner Wucht als »Scary Barbie« benannt wurde. Diese Explosion verglichen die Wissenschaftler mit zwei weiteren Ereignissen namens Gaia16aaw und Gaia18cdj, die in den Jahren 2016 und 2018 von Gaia registriert worden waren. Alle drei setzten unvorstellbare Energiemengen frei: Gaia18cdj strahlte erstaunliche 25-mal mehr Energie ab als die energiereichsten bekannten Supernovae. Während typische Supernovae in nur einem Jahr so viel Energie aussenden wie die Sonne in ihrer zehn Milliarden Jahre umfassenden Lebensdauer, strahlen ENTs wie dieser in einem einzigen Jahr die Gesamtenergie von gleich 100 derartiger Sonnenleben ab.

Erstaunlich sind auch die Lichtemissionen der drei ENTs, die sich im Ablauf stark ähneln: Nach einem je rund 100 Tage andauernden Anstieg bis zur maximalen Helligkeit folgte ein mehr als 150 Tage währender Abfall um 50 Prozent. Zudem sind sie extrem leuchtstark, denn ihre Helligkeit übertrifft die von Supernovae um das Tausendfache.

Alle drei Ausbrüche gingen vom Zentrum weit entfernter Galaxien aus, und ihre Lichtspektren sind im bläulichen Bereich mit breiten Spektrallinien von Wasserstoff und einfach ionisiertem Magnesium. Dies passe zu keiner bekannten Supernovaklasse, aber zur Akkretion an extrem massereichen Schwarzen Löchern, schreiben Hinkle und Co. Die Lichtkurve sei ähnlich, aber kürzer und weniger extrem. Beobachtungen, wie Sterne zerrissen werden, machten Astronomen in den letzten Jahren häufiger. ENTs sind dagegen extrem selten: Supernovae beispielsweise kämen zehn Millionen Mal häufiger vor als diese Megaexplosionen.

Hinkles Team kalkuliert, dass die als Ursache vermuteten Schwarzen Löcher ungefähr 250 Millionen Sonnenmassen aufwiesen, während die beteiligten Sterne drei bis zehn Sonnenmassen besaßen. Erst ab diesen Größenordnungen seien die ENTs plausibel. Die Ergebnisse könnten auch dazu beitragen, das Wachstum der massereichsten Schwarzen Löcher besser zu verstehen, hoffen die Wissenschaftler. Und wegen ihrer Helligkeit erlauben sie vielleicht auch einen Blick weit zurück in die Frühzeit des Universums. Doch dazu müsse man noch mehr ENTs aufspüren.

  • Quellen
Hinkle, J. et al., Science Advances 10.1126/sciadv.adt0074, 2025

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