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Aktive Galaxien: Ein Turnier der Giganten

Ein Quasar schießt einen Jet und elektromagnetische Strahlung auf eine Nachbargalaxie und beeinflusst ihr Aussehen und ihre Entwicklung.
Zwei leuchtende, orangefarbene Strukturen auf schwarzem Hintergrund, die wie verschwommene, glühende Wolken erscheinen. Die linke Struktur ist rundlicher, während die rechte eine leicht gebogene Form hat. Es handelt sich um eine astronomische Aufnahme, die möglicherweise galaktische Objekte oder Nebel darstellt. Keine Menschen oder Text im Bild.
Der kosmische Tanz zweier Giganten | Diese Aufnahme zeigt zwei Galaxien, die sich auf Kollisionskurs befinden. Die rechte von ihnen beherbergt einen Quasar, der Strahlung und Materie auf seine Nachbarin schießt. Mit dem Radioteleskopverbund ALMA in Chile wurde das molekulare Gas beobachtet und hier in Orange- und Gelbtönen als Falschfarbenbild dargestellt.

Wir befinden uns in der Arena des jungen Universums, als zwei massereiche Galaxien miteinander kollidieren. Aber in dieser Form wurde so etwas bisher noch nicht direkt beobachtet. Einem internationalen Forschungsteam um Sergei Balashev vom Joffe-Institut in Sankt Petersburg ist dies jetzt gelungen. Mit Daten des Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte und dem Radioteleskopverbund ALMA, dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array, konnte die Gruppe dieses Schauspiel aufzeichnen und detailliert untersuchen. Die Ergebnisse der Analyse wurden in der Fachzeitschrift »Nature« veröffentlicht.

Die beiden Galaxien befinden sich in einer Epoche von 2,4 Milliarden Jahren nach dem Urknall, was einer kosmologischen Rotverschiebung von z = 2,7 entspricht, und unser Universum gerade einmal 20 Prozent seines heutigen Alters erreicht hatte. Sie sind aus unserer Perspektive dabei, miteinander zu verschmelzen. Sie liegen nur etwa 17 000 Lichtjahre voneinander entfernt, kuschelig nah also auf kosmologischen Skalen. Und die Welteninseln bewegen sich mit rund 550 Kilometer pro Sekunde aufeinander zu. Beide enthalten große Mengen an molekularem Wasserstoff, der für die Sternentstehung besonders wichtig ist.

Bei diesem kosmischen Tanz hat allerdings eine der beiden Galaxien einen Vorteil gegenüber der anderen: Sie beherbergt in ihrem Zentrum einen Quasar. Das bezeichnet in der Astrophysik einen extrem hellen, aktiven Kern einer Galaxie. Dieser wird von einem extrem massereichen Schwarzen Loch gespeist. Charakteristisch für Quasare ist ihre sehr starke Leuchtkraft. Sie gehören zu den hellsten Objekten im Universum.

Ein Quasar strahlt so hell, weil der Sturz von Materie in das extrem massereiche Schwarze Loch enorme Energiemengen in elektromagnetische Strahlung verwandelt. Diese Maschine wird mit der immensen Gravitationswirkung der Raumzeitfallen betrieben. Da die Materie rotiert, bildet sich um das Schwarze Loch eine flache, rotierende Scheibe aus, die Akkretionsscheibe. Durch die vorherrschende Reibung wird diese aufgeheizt. Dabei kommt es zu starken Emissionen in sämtlichen Wellenlängenbereichen, insbesondere im Radio-, Ultraviolett- und Röntgenbereich.

Quasare können stark gebündelte, hochenergetische Plasmaströme erzeugen, die als Jets bekannt sind. Sie entstehen durch die Wechselwirkung des Akkretionsflusses mit dem zentralen Schwarzen Loch und stehen senkrecht auf der Akkretionsscheibe. Die Jets können sich über weite Strecken in den intergalaktischen Raum erstrecken. Im aktuell beobachteten Fall bekommt die Begleitgalaxie den Jet der Nachbarin zu spüren. Die chemische Zusammensetzung und Struktur ihrer Materie wird dadurch beeinflusst.

Spektralanalysen zeigen, dass das molekulare Gas in sehr kompakten, aber kleinen Wolkenfetzen vorliegt, mit einer Dichte bis zu einer Million Teilchen pro Kubikzentimeter und nicht größer als 0,07 Lichtjahre. Solche Gebilde sind weder groß noch kalt genug, um Sterne ausbilden zu können. Die großflächigen, diffusen Gasreservoire wurden offenbar durch die Strahlung fast vollständig aufgelöst. Als Konsequenz kann die Begleitgalaxie weniger Geburtsstätten für Sterne hervorbringen.

Den Beobachtungen zufolge kann die Quasarstrahlung folgenschwere Rückkopplungseffekte auslösen. Das ist ein Prozess, der beim Erforschen der Galaxienentwicklung und Sternentstehung eine zentrale Rolle spielt.

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