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Eulbergs tönende Tierwelt: Frühjahrsbotin im Sinkflug

Sie trällert und tiriliert in 100 Meter Flughöhe, um sich kurz darauf wie ein Stein zu Boden fallen zu lassen: Der frohlockende Singflug der Feldlerche ist ein bewegendes Naturspektakel. Leider bekommen wir ihr »ewiges Lied« immer seltener zu hören.
Illustration eines Singvogels (eine Feldlerche), mit detailliert gezeichnetem Gefieder in Brauntönen und einem offenen Schnabel, als ob er singt. Der Hintergrund ist dunkel, was den Vogel hervorhebt.
Feldlerchen bewohnen weite Offenflächen mit lückenhafter Vegetation. In Mitteleuropa sind sie weitgehend an landwirtschaftlich genutzte Flächen gebunden. Heute steht die Feldlerche auf der Roten Liste, ihr Bestand wird als »gefährdet« eingestuft.
Wissen Sie, wie ein Siebenschläfer klingt? Warum der Pirol auch Regenkatze genannt wird? Vermutlich nicht – obwohl diese Lebewesen Teil unserer heimischen Fauna sind. In der Kolumne »Eulbergs tönende Tierwelt« stellt der Techno-Künstler, Ökologe und Naturschützer Dominik Eulberg faszinierende Exemplare aus der Tierwelt vor unserer Haustür vor. Podcast-Tipp: In WUNDERKAMMER feiert er mit dem »Zeit«-Reporter Fritz Habekuß die Schönheit der Natur.

Das »ewige Lied« der Feldlerche (Alauda arvensis) ist für mich seit meiner Kindheit eines der bewegendsten heimischen Naturspektakel. Kein Wunder, dass namhafte Dichter wie Goethe oder Shakespeare der Lerche huldigten. Auch in der europäischen Alltagssprache und Literatur dient sie als Allegorie für herausragende Gesangstalente und Heiterkeit: »Sie singt wie eine Lerche« ist ein Sprichwort in Italien, und auch in Frankreich steht die Lerche für musikalisches Talent. Seit jeher gilt sie als Frühjahrsbotin. Bereits ab Februar können wir ihre so fröhlich anmutenden Lieder genießen:

Als ursprüngliche Steppenbewohnerin fehlen der Lerche in der offenen Landschaft Ansitzwarten. Das ist aber kein Problem für ein zum Brutgeschäft entschlossenes Männchen: Es steigt bis zu 100 Meter weit auf, bis es nur noch als kleiner schwarzer Punkt am Himmel zu erkennen ist, und trällert, tiriliert, schnattert und zirpt inbrünstig mit voller Leibeskraft. Man nennt die Feldlerche deshalb im Volksmund auch »Himmelslerche« oder »Minnesängerin der Lüfte«. Sieben gefüllte Luftsäcke dienen ihr bei diesen Singflügen wie bei einem Dudelsack als Gesangsressource. So kann sie gleichzeitig atmen und singen. Bis zu 15 Minuten lang kann so eine Arie andauern, die dazu dient, Reviere abzugrenzen und Weibchen anzulocken.

Das Schauspiel der Feldlerche endet jedoch abrupt: Wie ein Stein lässt sie sich noch singend gen Boden sinken. Auch hier zeigen die Männchen ein auffälliges Verhalten, um die Gunst der Weibchen zu gewinnen: Mit vor Erregung aufgestellter Federhaube auf dem Kopf hüpfen sie vor den Weibchen umher, verbeugen sich, präsentieren sich mit zitternden Flügeln und wackelndem Schwanz. Die Brust wird dabei häufig an den Boden gedrückt, der Schwanz gehoben und gespreizt, so dass die weißen äußeren Steuerfedern aufblitzen.

  • Die Feldlerche

    Hier finden Sie alle wichtigen Eckdaten und Beobachtungstipps rund um die Feldlerche.

  • Steckbrief

    Klasse: Vögel

    Ordnung: Sperlingsvögel

    Familie: Lerchen

    Größe: 18 bis 19 Zentimeter

    Gewicht: 33 bis 45 Gramm

    Fortpflanzungsperioden pro Jahr: 2 bis 3

    Nachkommen pro Periode: 3 bis 5

    Höchstalter: 10 Jahre

    Bundesweiter Gefährdungsgrad (Rote Liste): gefährdet

    Volkstümlicher Name: Himmelslerche

  • Beobachtungstipps

    Man kann Feldlerchen mitunter ganzjährig beobachten, vor allem aber Februar bis Juli bei ihren Singflügen im Offenland über nicht zu feuchten Wiesen oder Agrarflächen.

    Das Bodennest | Das Nest besteht aus einer Mulde, die mit Pflanzenmaterial ausgepolstert ist. Zur Tarnung besitzen die Jungvögel ein büschelartiges Kopfgefieder, das an Grashalme erinnert.

Das Weibchen legt das Nest allein an – meist auf möglichst trockenen, ebenen Flächen mit niedriger Vegetation. Hier scharrt die Lerche eine etwa fünf bis sieben Zentimeter tiefe Mulde und polstert diese mit pflanzlichem Material aus. Um ihr Bodennest nicht durch ihren Landepunkt preiszugeben, lassen sich die Feldlerchen stets mehrere Meter neben dem Nest nieder und rennen den Rest des Wegs geduckt durch die Vegetation. Damit die Jungvögel auf dem Boden nicht auffallen, besitzen sie ein büschelartiges Kopfgefieder, das an Grashalme erinnert. Wenn sie so regungslos im Nest liegen, sind sie quasi unsichtbar. Erst auf einen Ruf der Eltern hin sperren sie den Schnabel auf.

Das frohlockende Lied der Feldlerche ist leider immer seltener zu hören: Vor allem die intensivierte Landwirtschaft mit zu dicht stehendem Wintergetreide zur Brutzeit, Insektenmangel und Mahden bis zu sechsmal im Jahr führte seit den 1970er Jahren zu einem dramatischen Bestandsrückgang von teilweise 50 bis 90 Prozent. Dies ist ein großes Problem der aktuellen Biodiversitätskrise: Auch einst häufige Arten werden seltener und können ihre Ökosystemdienstleistungen im Netzwerk der Biosphäre nicht mehr verrichten, wodurch dieses immer instabiler wird. Noch zu Beginn des 19. Jahrhunderts schrieb Johann Friedrich Naumann, Pionier der Vogelkunde Mitteleuropas: »Die Lerchen zu beschreiben ist überflüssig, denn größer und schlanker als ein Sperling, doch mit ähnlichem Gefieder, ist der Vogel so häufig, dass niemand ihn übersehen kann.« Heute steht die Feldlerche auf der Roten Liste, ihr Bestand wird als »gefährdet« eingestuft.

Die Feldlerche | Mit ihrem beige bis rötlich braunen Gefieder sind Feldlerchen gut getarnt. Die Männchen sind in der Regel etwas größer und schwerer als die Weibchen, ansonsten sind sie kaum zu unterscheiden.

Um dem entgegenzuwirken, legt man vielerorts so genannte Lerchenfenster an. Dies sind rund 20 Quadratmeter große, vegetationsfreie Zonen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen, die den Vögeln als Lande-, Brut- und Futterplatz dienen sollen. Im Schnitt werden zwei Lerchenfenster pro Hektar Ackerfläche mit Mindestabständen zu Feldrändern und Gehölzen angelegt, um Prädatoren fernzuhalten. Die restlichen Flächen können weiterhin normal bewirtschaftet werden, und der Ernteausfall durch diese Maßnahme ist mit etwa fünf Euro pro Fenster äußerst gering.

Zudem galt die Feldlerche hier zu Lande bis zum Ende des 19. Jahrhundert als Delikatesse. Sie wurde gebraten oder in Pasteten verarbeitet, meist samt Eingeweiden und Knochen, und war in vielen Kochbüchern vertreten. Noch heute fallen schätzungsweise 700 000 Feldlerchen-Individuen dem in einigen südeuropäischen Ländern legalen Vogelmord zum Opfer.

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