Freistetters Formelwelt: Gibt es Leben außerhalb des Sonnensystems?

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Im April 2025 wurden Aufsehen erregende Forschungsergebnisse veröffentlicht. In der Atmosphäre des extrasolaren Planeten mit der Bezeichnung K2-18b gibt es deutliche Hinweise auf das Vorhandensein von Dimethylsulfid (DMS). Die mit dem James-Webb-Weltraumteleskop gewonnenen Beobachtungsdaten waren zwar noch nicht so genau, dass man von einem zweifelsfreien Nachweis hätte sprechen können. Aber, so die Forscherinnen und Forscher, die Daten erhöhen die Aussicht auf eine mögliche biologische Aktivität auf dem Planeten. Denn DMS ist ein Molekül, das hier auf der Erde von Phytoplankton in den Ozeanen gebildet wird. Seine Existenz in der Atmosphäre eines anderen Planeten legt eine dort vorhandene Biosphäre nahe.
Der Nachweis solcher Biosignaturen ist allerdings nicht so einfach, wie wir uns das wünschen würden. Diese Formel illustriert das Problem:
Sie stammt aus der ebenfalls im April 2025 veröffentlichten Arbeit »Prospects for Detecting Signs of Life on Exoplanets in the JWST Era«. Im Zentrum steht die Methode, mit der wir aktuell nach Biosignaturen suchen. Dazu müssen wir das Licht eines Sterns betrachten, das durch die Atmosphäre des Planeten strahlt. Die unterschiedlichen Moleküle und Elemente in dieser Atmosphäre erzeugen Spektrallinien, die wir beobachten und entsprechend zuordnen können. Das Prinzip ist einfach, die Umsetzung hingegen schwer. Zuerst einmal funktioniert das nur, wenn der Planet sich in der passenden Ebene bewegt, so dass wir ihn genau vor seinem Stern vorüberziehen sehen. Und dann müssen wir auf den kurzen Moment warten, in dem der Planet gerade noch nicht vollständig vor dem Stern steht und dessen Licht durch die Planetenatmosphäre zu uns strahlt.
Die Messungen müssen sehr genau durchgeführt werden; nur dann hat man eine Chance, die Spektrallinien eventuell vorhandener Biosignaturen zu identifizieren. Die obige Formel gibt die Stärke des »Transmissionsspektroskopie-Signals« (TS) an. Es hängt von den Radien von Stern und Planet ab, außerdem noch von der Skalenhöhe H der Atmosphäre (ein Maß für deren Ausdehnung). Das Signal muss auf jeden Fall stärker als das Rauschen sein, das durch die Beobachtungsbedingungen beziehungsweise die Eigenschaften des Teleskops vorgegeben ist.
Zu früh gefreut?
Setzt man in die Formel die Werte für Erde und Sonne ein (Rp = 6400 Kilometer, R* = 700 000 Kilometer, H = 8 Kilometer), dann liegt das Ergebnis in der Größenordnung von einem Millionstel oder 1 ppm. Das Grundrauschen des James-Webb-Weltraumteleskops liegt jedoch bei 30 ppm. Das heißt, wir sind derzeit nicht in der Lage, Biosignaturen in der Atmosphäre eines erdähnlichen Planeten zu sehen, der einen sonnenähnlichen Stern umkreist. Die Chancen steigen aber, wenn es sich um kleine Sterne (Rote Zwerge) und/oder größere Planeten handelt. K2-18b ist genau so ein Fall: Der Planet hat mehr als den doppelten Radius der Erde und umkreist einen roten Zwergstern, der weniger als halb so groß wie die Sonne ist.
Trotzdem ist die Aufregung um das Forschungsergebnis verfrüht. Nach der Veröffentlichung der Hinweise auf DMS bei K2-18b gab es Kritik an der Art der Datenauswertung und der Interpretation der Messungen: Es ist weder klar, ob die Spektrallinien wirklich auf DMS hindeuten, noch ist gesichert, ob überhaupt irgendwelche Linien gemessen wurden. Wir werden mehr Beobachtungen anstellen und auf bessere Instrumente warten müssen, um ohne Zweifel sagen zu können, ob es anderswo Spuren von Leben gibt. Was wir allerdings jetzt schon mit Sicherheit wissen: Die Mathematik wird bei so einer Entdeckung auf jeden Fall eine wichtige Rolle spielen.
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